Experten-Interview: Ernährungsumstellung

Warum es uns so schwer fällt und wie man es trotzdem schafft

Nach einem Herzinfarkt oder der Diagnose Herzschwäche ist für die meisten Betroffenen nichts mehr, wie es zuvor war. Wieder zu Hause geht es vor allem darum, Ihr Leben neu auszurichten. Das bedeutet auch, viele liebgewonnene Gewohnheiten über Bord zu werfen und den bisherigen Lebensstil umzukrempeln – vor allem im Hinblick auf die Ernährung. Ernährungsberaterin Ingrid Acker verrät in unserem Interview, wie Sie die Ernährungsumstellung schaffen und Ihr Essverhalten ändern können.

Ein Mann mit grauem Haar steht an einer Kochinsel, neben ihm steht eine Frau. In seiner rechten Hand hält er einen Kochlöffel über eine Pfanne.

Frau Acker: Die eigenen Essgewohnheiten entwickeln sich im Laufe des Lebens. Sie sind ein Teil von uns, den niemand leicht aufgeben möchte. Was, wie und warum wir essen, ist von so vielem abhängig. Kultur, Traditionen und Emotionen prägen über Jahre das eigene Essverhalten. Zusätzlich können Arbeitsumstände wie z. B. Schichtdienste, Geschäftsreisen oder eine hohe Arbeitslast die Umstellung auf gesunde Ernährungsgewohnheiten erschweren.

Frau Acker:

  • Ein herzgesundes Tagesmenü enthält ausreichend Gemüse (ca. 400 Gramm) und Obst (ca. 250 Gramm) sowie ein- bis
 zweimal pro Woche Seefisch.
  • Regelmäßige vegetarische Mahlzeiten passen gut in das fitte Wochenmenü und schränken den Fleischverzehr ein.
  • Eine gute Wahl sind Vollkornbrot und andere Vollkorn-Getreideprodukte.
  • Süßigkeiten, fette Snacks und Knabbereien sowie Alkohol sind als kleiner Zusatz zum genussvollen Tagesmenü zu
 betrachten.
  • Bei starkem Übergewicht kann es ratsam sein, kohlenhydratreiche Lebensmittel vor allem am Abend einzuschränken oder
 darauf zu verzichten.
  • Das Tagesmenü sollte nicht zu fettreich sein. Wie viel Fett in das eigene Menü passt, richtet sich nach dem Kalorienbedarf.
 Die allgemeine Empfehlung liegt zwischen 60 und 80 Gramm Fett pro Tag. Hiervon sollten zwei Drittel ungesättigte
 Fettsäuren sein.
  • Darüber hinaus ist es sinnvoll, weniger Salz zu verwenden.
  • Ein herzgesundes Tagesmenü enthält so viele Kalorien, wie man verbraucht. Bei Übergewicht ist eine Reduzierung der
 Kalorien um ca. 30 Prozent des Bedarfs zu empfehlen.

Frau Acker: Ja, beim Einkaufen sind der Salz- und Fettgehalt sowie das Verhältnis zwischen ungesättigten und gesättigten Fettsäuren zu beachten.Viel Salz enthalten Konserven, Fertigprodukte wie Soßen, Suppen und Gewürzmischungen. Bei tiefgekühlten Produkten lohnt sich der Blick auf die Zutatenliste: Dort ist angegeben, ob Salz hinzugefügt wurde. Die Zutaten, die am meisten in dem Produkt enthalten sind, stehen an erster Stelle.

Fett wird von der Lebensmittelindustrie in unterschiedlichen Mengen und Qualitäten verarbeitet. Einfach einen Blick auf die Zutatenliste werfen: bei den Nährwertangaben sollten gesättigte, einfach ungesättigte und mehrfach ungesättigte Fettsäuren in gleichen Anteilen enthalten sein (1:1:1).

Frau Acker: Hier kommt es wieder auf die Qualität und die Menge der Fette an. Manchmal ist ein „Ölwechsel“ in der Küche notwendig. Herzgesündere Fette mit ungesättigten Fettsäuren sind zu bevorzugen. Das heißt, Öle (z. B. Rapsöl, Olivenöl, Sojaöl) und weiche Fette (gute Pflanzen- und Diätmargarinen) sollten den Platz von harten Fetten einnehmen. Harte Fette sind alle Fette, die auch bei Zimmertemperatur noch fest sind: Schmalz, Speck, gehärtete Margarinen, Kokos- und Palmfett.

Fettreiche Zubereitungen, z. B. frittierte Speisen, Sahnesoße oder Aufläufe mit Käse und Sahne, sind kritisch. Mit weniger Fett zu kochen kann sehr schmackhaft sein. Kräuter und Gewürze verleihen den Gerichten einen aromatischen Geschmack. Im geschlossenen Topf langsam gegart, können sich alle Aromen optimal entfalten – auch mit nur einem kleinen Löffel Öl und wenig Salz.

Frau Acker: Obst, ein fettreduzierter Joghurt oder Kräuterquark mit Gemüsesticks sind leckere Snacks für zwischendurch. Wer lieber etwas Warmes möchte, kann mit einem Becher warmer fettreduzierter Milch mit Anis oder löslichem Malzkaffee den kleinen Hunger stillen. Eine Tasse Suppe mit Tiefkühlgemüse ist ebenfalls ein wärmender fitter Snack. Die Basis der Suppe ist ein selbstgemachter salzarmer Gemüse- oder Fleischfond, der gut in Tiefkühlbehältern eingefroren werden kann.

Die Lust auf Süßes ist am besten mit ballaststoffreichen Trockenfrüchten zufriedenzustellen. Und natürlich sollte die Handvoll ungesalzene Nüsse am Tag nicht fehlen.

Frau Acker: Hier gilt es, einen individuellen realistischen Stufenplan zu erstellen. Am Anfang steht die Beobachtung, das Erkennen. Man kann zum Beispiel ein Ernährungstagebuch schreiben und festhalten, in welcher Stimmung, warum und wo man gegessen hat.
Dann kommt die eigene Bewertung, der Vergleich mit den Empfehlungen. Was gefällt mir an meiner Ernährung und meinem Essverhalten, was gefällt mir nicht? Was kann und will ich verändern?

Zuletzt kommt die Zielsetzung. Diese sollte einen Zeitrahmen beschreiben, konkret und realistisch sein. Zum Beispiel nimmt man sich vor, täglich eine Portion Gemüse mehr zu essen. Oder das Ziel lautet, in 6 Monaten 7 Kilo abzunehmen – beispielsweise durch weniger Alkohol oder Süßigkeiten.

Die Veränderung der eigenen Ernährung und des eigenen Essverhaltens ist für jeden eine große Herausforderung, die teilweise nicht allein zu bewältigen ist. Eine Beratung und Unterstützung von Krankenkassen oder anerkannten Ernährungsfachkräften hilft ein großes Stück weiter. Aber, Hand aufs Herz: Die Veränderung lohnt sich.

Frau Acker:

1. Kaufen Sie viel Frisches und Buntes ein, Gemüse und Obst in allen Farben.

2. Bringen Sie Abwechslung in Ihr Tagesmenü. Wählen Sie für Ihren Speiseplan unterschiedliche Gemüsesorten. Auch mal
 vegetarische Gerichte und ab und zu Fisch anstatt immer nur Fleisch. Dann sind Sie mit den Nährstoffen auf der sicheren Seite.

3. Schränken Sie salzige Fertigprodukte ein. Soßen kann man schnell und einfach aus einem selbstgemachten salzarmen
 Gemüse- oder Fleischfond herstellen. Den Fond können Sie in Tiefkühlbehältern einfrieren.

4. Entdecken Sie Kräuter und Gewürze. Dann brauchen Sie gleich viel weniger Salz.

5. Probieren Sie neue Gerichte aus. Sparen Sie dabei Fett und Salz ein. Ersetzen Sie harte Fette durch hochwertige Öle.

Relevante Fragen zum Thema aus dem Expert:innen-Forum

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