Das Expertenforum

Betablockertherapie

Autor
Datum
nebivolol79
14.06.2015, 20:02 Uhr

Sehr geehrtes Expertenteam,

ich wende mich mit 3 Fragen bzgl. Betablockern an Sie.

Ich (männlich, 35, NR, regelmäßig Sport, BMI 21 bis 22) nehme seit nahezu 10 Jahren Bisoprolol 5 mg um meinen instabilen Blutdruck zu kontrollieren. Damit war der Blutdruck (sehr) gut eingestellt, auch wenn der Puls niedrig war (im Mittel 50 bis 55; manchmal, vor allem abends, dann auch um die 40).

Vor einigen Monaten hatte ich dann eine Phase, wo der Blutdruck plötzlich sehr niedrig war (bis zu 105/50), ich mich schlapp gefühlt habe und ich gelegentlich Atemnot hatte (es gab keinen organischen Befund dazu), so dass ich dann (nach einigen Versuchen mit der Dosierung von Bisoprolol) auf Nebivolol 5mg umgestellt wurde. Ob die Atemnot tatsächlich mit Bisoprolol zu tun hatte, ist natürlich nicht klar und wird von meiner Ärztin für unwahrscheinlich gehalten, da ich das Medikament ja sehr lange gut vertragen habe.

Unter Nebivolol habe ich nun einen deutlich höheren Puls (65 bis 75 im Mittel; nicht unter 55), habe subjektiv häufig das Gefühl von Herzrasen, ich habe 3kg abgenommen, und der Blutdruck ist leicht erhöht, zumindest deutlich höher als unter Bisoprolol (unter Nebivolol ca. 135/75 in der Selbstmessung; bei Bisoprolol ca. 125/75 in der Selbstmessung vor der Phase mit niedrigem Blutdruck).

Nun zu meinen konkreten Fragen:

<ul>
<li>Halten Sie bei mir als jungem Patienten, der sehr nerv&ouml;s ist (geht so Richtung hyperkinetisches Herz), einen Betablocker f&uuml;r indiziert?</li>
<li>Kann es sein, dass Bisoprolol und Nebivolol bzgl. der Blutdrucksenkung und auch der Herzfrequenz so unterschiedlich wirken? Laut meiner Haus&auml;rztin sind die chemischen Wirkmechanismen vergleichbar und sie glaubt das nicht.</li>
<li>Am liebsten w&uuml;rde ich wieder auf Bisoprolol 5mg gehen, da ich damit so lange gute Erfahrungen gemacht habe (auch bzgl. des subjektiven Herzrasens). Sind die niedrige Frequenz (Minimum von 40 im Wachzustand) und die gelegentlich auftretende subjektive Atemnot, abgesehen davon, dass sie l&auml;stig ist, medizinisch bedenklich oder w&auml;ren diese eine Kontraindikation f&uuml;r Bisoprolol?</li>
</ul>

Herzlichen Dank und freundliche Gr&uuml;&szlig;e

Dr. med. Karl-Friedrich Schmitz
15.06.2015, 17:51 Uhr

Sehr geehrter Nutzer unseres Forums,

zun&auml;chst vielen Dank f&uuml;r Ihre Frage. Die Substanzen Nebivolol und Bisoprolol geh&ouml;ren zur gleichen Behandlungsgruppe der sogenannten &bdquo;selektiven&ldquo; Betablocker und sind prinzipiell zur Behandlung des Hypertonus geeignet und zugelassen. Die Substanzen sind sich in Ihrer Wirkungsweise sehr &auml;hnlich und doch gibt es bei der individuellen Therapie durchaus Unterschiede in Wirkungsst&auml;rke und manchmal auch in Nebenwirkungen. Auch ich beobachte in meiner Praxis h&auml;ufiger, dass Bisoprolol st&auml;rker frequenzsenkend wirkt als Nebivolol und dieser Effekt ist, so wie ich Ihre klinischen Angaben verstanden habe, bei Ihnen auch erw&uuml;nscht. Die von Ihnen gemessenen Herzfrequenzen erscheinen mir zun&auml;chst einmal nicht kritisch, Ausdauersportler haben sogar ohne Medikamente teilweise noch niedrigere Herzfrequenzen in Ruhe.

Ich k&ouml;nnte mir daher durchaus vorstellen, dass Sie in Absprache mit Ihrer &Auml;rztin die Therapie wieder auf das bisher gut vertragene Bisoprolol umstellen. Unter der ge&auml;nderten Therapie w&uuml;rde ich dann weitere Blutdruckkontrollen, ggf. auch mit einer Langzeit-Blutdruckmessung anraten und evtl. vorsichtshalber wegen der Neigung zu niedrigen Herzfrequenzen auch ein Langzeit-EKG empfehlen.

Viele Gr&uuml;&szlig;e
Karl-Friedrich Schmitz

nebivolol79
07.07.2015, 14:45 Uhr

Sehr geehrter Herr Schmitz,
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe schon einmal geschrieben und habe eine sehr hilfreiche Antwort erhalten, so dass ich Ihnen heute mit einer Nachfolgefrage schreibe.

Hintergrund:

m&auml;nnlich, 35 Jahre alt, Nichtraucher, treibe regelm&auml;&szlig;ig Sport, BMI 22, kein Diabetes, gute Blutfettwerte (HDL 75, LDL 85, Tri &lt; 50 beim letzten Labor)

<ul>
<li>Herzwand grenzwertig verdickt (11-12mm; seit zehn Jahren stabil)</li>
<li>instabiler Blutdruck (vor allem nervosit&auml;ts- und pers&ouml;nlichkeitsbedingt) seit zehn Jahren mit Bisoprolol 5 mg gut eingestellt (Bradykardie unter Bisoprolol; im Mittel tags&uuml;ber 50 bis 55; BD: im Mittel 125/75)</li>
<li>vor ca. sechs Monaten gab es mehrere Episoden mit sehr niedrigem Blutdruck (bis zu 105/50), Schwindel und Atemnot (Genese unklar; eventuell durch Bisoprolol-bedingte zu starke Absenkung der Frequenz und des Blutdrucks; kein Asthma; keine organischen Auff&auml;lligkeiten laut Pneumologe, Kardiologe und HNO-Arzt, welche die Symptome erkl&auml;ren k&ouml;nnten)</li>
<li>danach Versuche mit niedrigerer Bisoprolol-Dosis sowie anderen Blutdrucksenkern, auch Nebivolol 5 mg; Ergebnis in allen Szenarien: Puls h&ouml;her, subjektives Herzrasen, Blutdruck wieder grenzwertig erh&ouml;ht (in jedem Fall deutlich h&ouml;her als unter Bisoprolol 5 mg).</li>
</ul>

Nun seit zwei Wochen wieder ein Versuch mit Bisoprolol 5 mg, da dies (subjektiv und von der objektiven Blutdrucksenkung) am besten bzw. als Einziges zu wirken scheint.

Ergebnis: Blutdruck besser bzw. gut, aber Frequenz runter auf 50, manchmal fr&uuml;h morgens oder abends 40 bis 45; nachts bis runter auf 35. Manchmal (leichte) Atemnot und Schwindel.

Mein Hausarzt sagt nun: Kein Bisoprolol; Frequenz viel zu niedrig, fast schon im Schrittmacherbereich, aber eben Medikamenteninduziert. Bedenklich w&auml;re der niedrige Puls; Gefahr f&uuml;r Herztod. Mein Kardiologe sagt: Niedriger Puls kann l&auml;stig sein, aber nicht gef&auml;hrlich. D&uuml;rfte sogar mal auf 30 runtergehen. EKG, Belastungs-EKG, Echo sind normal, au&szlig;er eben der Bisoprolol-induzierten Bradykardie (komme selbst bei 300 Watt nicht auf meine Zielfrequenz im Belastungs-EKG) und der grenzwertigen Herzwanddicke. Wenn ich mich mit Bisoprolol 5 mg gut f&uuml;hle, kann ich ruhig weitermachen.

Ich bin mir nun sehr unsicher, was ich machen soll, denn einerseits m&ouml;chte ich einen gut eingestellten Blutdruck haben (keine Lust auf Sp&auml;tfolgen in zehn Jahren), andererseits m&ouml;chte ich auch nicht, dass die Frequenz so stark runtergeht, dass es gef&auml;hrlich wird. F&uuml;r mich pers&ouml;nlich w&uuml;rde ich lieber etwas Schwindel und Atemnot unter Bisoprolol in Kauf nehmen, aber nat&uuml;rlich nur, wenn es medizinisch unbedenklich ist und die unterschiedlichen Einsch&auml;tzungen verunsichern mich.

Ich wei&szlig;, wie schwer eine solche Ferneinsch&auml;tzung ist, aber vielleicht k&ouml;nnten Sie mir eine Einsch&auml;tzung geben bzw. haben Sie noch eine Idee, was ich machen k&ouml;nnte?

Herzlichen Dank und freundliche Gr&uuml;&szlig;e

Dr. med. Karl-Friedrich Schmitz
07.07.2015, 18:38 Uhr

Sehr geehrter Nutzer des Forums,

prinzipiell sehe ich das &auml;hnlich wie Ihr Kardiologe: eine langsame Herzfrequenz ist f&uuml;r Ihr Herz nicht sch&auml;dlich, solange eine kardiale Grunderkrankung ausgeschlossen ist und Sie hierunter nicht symptomatisch sind. Zudem ist es aus meiner Sicht normal, wenn Sie unter Betablockern Ihre &quot;Zielfrequenzen&quot; bei Belastung nicht erreichen, denn diese sind f&uuml;r Menschen ohne frequenzsenkende Medikation definiert.

Vielleicht gibt es ja auch die M&ouml;glichkeit, das Bisoprolol etwas geringer zu dosieren und gegebenenfalls mit einem anderen Bluthochdruckmedikament (ACE-Hemmer, AT1-Antagonist oder Calciumantagonist) zu kombinieren. Besprechen sie das doch einmal mit Ihrem behandelnden Arzt.

Viele Gr&uuml;&szlig;e
Karl-Friedrich schmitz

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