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Brugada Syndrom und schwanger

Autor
Datum
Pillepalle
11.02.2020, 10:01 Uhr

Sehr geehrte Experten. Ich, weiblich, 36 Jahre leide unter der Krankheit Brugada Syndrom. Diese Krankheit wurde bei mir vor einem Jahr durch einen Routine Gesundheitscheck entdeckt, indem mein EKG auffällig war. So wurde ich zu weiteren Untersuchungen erst zu einem Kardiologen und dann in eine Uniklinik verwiesen. Nach dem sogenannten Ajmalin Rest wurde das Brugada Syndrom bei mir diagnostiziert. Bisher lebe ich beschwerdefrei und leide nur unter Aufregung und ab und an in Ruhephasen an kurzzeitigem Herzrasen. Zur weiteren Überwachung und Risikoeinschätzung wurde mir vor kurzem ein Rekorder implantiert der meine Herzfrequenzen aufzeichnet, die 1 mal jährlich ausgewertet werden sollen. Zudem erhielt ich eine Liste mit Medikamenten und Mitteln, die ich vermeiden soll. Ich habe diese Krankheit von meinem Vater geerbt, der einen Herzstillstand überlebt hat und seither einen Defibrillator trägt. Nun bin ich zum ersten Mal schwanger und werde zukünftig von einem Kardiologen betreut. Meine Fragen: Ist eine normale Geburt ausgeschlossen und nur ein Kaiserschnitt möglich? Wird das Baby sofort auf diese Krankheit untersucht oder erst später? Ist es richtig, dass die Krankheit zu 50 % Väter an Töchter vererben und Mütter an Söhne? Über hilfreiche Antworten wäre ich sehr dankbar.

Prof. Dr. med. Thomas Klingenheben
11.02.2020, 18:09 Uhr

Guten Abend, "Pillepalle",

Danke für die Frage; lassen Sie mich voranschicken, dass es keine struktuierten Leitlinien für das Management der Schwangerschaft bei Brugada-Patienten gibt; dennoch gibt es Empfehlungen aus den bisherigen Erfahrungen heraus:

1) Eine Entbindung auf normalem vaginalen Weg ist absolut möglich, es besteht keine zwingende Notwendigkeit, einen Kaiserschnitt durchzuführen.
2) Man sollte bei dem Baby frühzeitig ein einem sog. EDTA-Blutröhrchen Blut abnehmen, und es an das Labor, das den Gendefekt bereits identifiziert hat, zur Untersuchung schicken. 3)Die Wahrscheinlichkeit einer Vererbung liegt 50:50, unabhängig vom Geschlecht.

Ich habe Prof. J. Brugada in Barcelona kontaktiert, sofern er noch interessante Empfehlungen hat, werde ich mich nochmals melden.

mfG
Thomas Klingenheben

Prof. Dr. med. Thomas Klingenheben
12.02.2020, 19:29 Uhr

Hallo,
nach meiner angekündigten Rücksprache mit Prof. J. Brugada bestätige ich nochmals meine bereits gestern geäußerte Einschätzung.

Auf 2 Dinge würde ich allerdings zusätzlich noch gern hinweisen wollen

1) Es gibt Empfehlungen, die Entbindung unter Monitor-Bedingungen (also Anschluß an einen EKG-Monitor) durchzuführen, das sollte aber in einer größeren Geburtshilfe Abteilung kein Problem darstellen - ich würde es aber bei der nächsten Vorstellung / Vorbereitungs-Untersuchung in der Klinik zur Sprache bringen.

2) Ein wichtiger grundsätzlicher Punkt - was Ihnen hoffentlich gesagt wurde - ist, dass auftretendes hohes Fieber ganz konsequent medikamentös gesenkt werden muss (z.B. Paracetamol oder Ibuprofen) da Fieber bei Brugada Herzrhythmusstörungen provozieren kann.
(Das gilt jetzt nicht speziell für die Geburt sondern ganz grundsätzlich immer, wenn Sie hohes Fieber haben).

mfG
Thomas Klingenheben

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