Das Expertenforum
Polymorphe VES immer Herzmuskelschaden?
Sehr geehrte Experten, hallo liebe User...
Ich fasse mich so kurz wie möglich, schreibe jedoch so viel wie nötig. Schon jetzt möchte ich mich für Ihre Zeit bedanken. Sie können mir eine große Sorge nehmen!
Schon sehr lange habe ich spürbare Extrasystolen, die auch bereits vor mehr als 10 Jahren kardiologisch untersucht wurden. Außer der Extrasystolie ohne Befund.
Zur Anamnese:
Ich bin männlich, 40 Jahre alt, 182cm und habe 81kg. Nichtraucher seit 7 Monaten. Meine Mutter ist mit 47 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben, mein Vater Marcumar-Patient.
Also bin ich auch in diesem Jahr erneut zum Hausarzt gegangen. Kurzes Ruhe-EKG mit einer Extrasystole. Langzeit-EKG mit folgendem Bericht:
<ul>
<li>Normalschläge 106326</li>
<li>VES 595 (0,5%)</li>
<li>SVES 1 (0,0%)</li>
</ul>
"GR SR, Vormittags Tachykardieneigung, Ventrikuläre Extrasystolie, Polymorphe VES. Zwischen 6 und 7 Uhr mehrere Minuten Bigeminus. Die durchschnittliche Herzfrequenz betrug 86 BPM. Die maximale Herzfrequenz betrug 134 BPM am 14.01. um 18:23 Uhr. Es wurden keine Pausen entdeckt. Es wurden 135 Tachykardien von insg. 4896,9 s Gesamtdauer entdeckt. (Längste HF 113 BPM Dauer 283,8s Uhrzeit 23:05 (im Schlaf) , schnellste 120 BPM Dauer 71,1 s Uhrzeit 16:35. Es wurden keine Brachykardien entdeckt. Es wurden keine Couplets entdeckt. Es wurden keine Salven entdeckt. Es wurden keine ventrikulären Tachykardien entdeckt. Es wurden keine supraventrikulären Paare entdeckt. Es wurden keine supraventrikulären Salven entdeckt. Es wurden keine supraventrikulären Tachykardien entdeckt".
Ich bekam eine Überweisung mit "dringend" zum Kardiologen. Die durchgeführte Ultraschalluntersuchung wurde mit "keine Auffälligkeiten" kommentiert. Daraus ergab sich "kein Handlungsbedarf". (Der Bericht liegt mir nicht vor).
Was mich beschäftigt:
Über Polymorphe ventrikuläre Extrasystolen finde ich im Internet:
"hier liegt immer ein Herzmuskelschaden zugrunde". Die Ultraschalluntersuchung zeigt ordentlich arbeitende Herzmuskel und Ventrikel. Ist dies nun eine beruhigende Diagnose, oder hätte es im Fall einer polymorphen VES während des Ultraschalls mehr Aussagekraft?
Die Extrasystolie ist spürbar, keine Frage. Bislang hatte ich keine körperlichen Beschwerden, sondern lediglich die begleitende Angst, was wäre wenn....
Die Aussage, "wenn Sie die VES stören, können wir einen Betablocker einsetzen" kommt einer Ankündigung von Placebo-Medikamenten gleich...
Würden Sie eine Therapie vorschlagen? Ist eine Herzgesundheit bei polymorpher VES überhaupt möglich?
Ich möchte mich nochmals für Ihre Zeit und eine kurze Antwort bedanken.
Mit den besten Wünschen...
Sehr geehrter "MH1976",
vielen Dank für Ihren Beitrag/ Frage:
1) Bei fehlenden Symptomen (außer dem Herzstolpern selbst) stellen 600 ES im Langzeit-EKG keine Indikation zur "dringlichen" Überweisung dar.
2) Selbst wenn die (meist automatische (!!)) EKG-Analyse von polymorphen VES spricht, ist bei jungen, sonst herzgesunden Menschen meist EINE Hauptmorphologie vorhanden. Daraufhin sollte man nochmal das LZ-EKG ansehen, außerdem nachschauen, ob die VES vor allem in der Ruhe-Phase auftreten.
3) Extrem hilfreich kann hier ein Belastungs-EKG sein. Nimmt die Häufung von VES unter Belastung ab, oder verschwinden diese sogar komplett, so ist dies als ein absolut gutartiges Zeichen zu werten.
4) Lediglich bei Häufung von VES, oder Auftreten von sogenannten Couplets /Doppelschlägen oder Salven von VES wäre aufgrund der Familienanamnese der Mutter zu erwägen, eine Bildgebung der Herzdurchblutung durchzuführen.
5) Die Aussage über polymorphe VES "hier liegt immer ein Myokardschaden zugrunde" ist Nonsens, wie er leider nicht selten im Internet steht.
6) Die Empfehlung, ß-Blocker zu nehmen, gebe ich gelegentlich auch, aber nur bei hochsymptomatischen Patienten. Manchmal kann auch eine Substitution von Kalium und/oder Magnesium versucht werden. Gelegentlich sprechen Patienten darauf an.
Letztlich würde ich aber, wenn jetzt 2x kardiologisch eine zugrundeliegende Herzkrankheit ausgeschlossen wurde, doch eher zur therapeutischen Zurückhaltung neigen.
In der Hoffnung mit den Angaben gedient zu haben.
MfG T. Klingenheben