Das Expertenforum

Polymorphe VES immer Herzmuskelschaden?

Autor
Datum
MH1976
07.02.2016, 16:37 Uhr

Sehr geehrte Experten, hallo liebe User...

Ich fasse mich so kurz wie möglich, schreibe jedoch so viel wie nötig. Schon jetzt möchte ich mich für Ihre Zeit bedanken. Sie können mir eine große Sorge nehmen!

Schon sehr lange habe ich spürbare Extrasystolen, die auch bereits vor mehr als 10 Jahren kardiologisch untersucht wurden. Außer der Extrasystolie ohne Befund.

Zur Anamnese:
Ich bin männlich, 40 Jahre alt, 182cm und habe 81kg. Nichtraucher seit 7 Monaten. Meine Mutter ist mit 47 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben, mein Vater Marcumar-Patient.

Also bin ich auch in diesem Jahr erneut zum Hausarzt gegangen. Kurzes Ruhe-EKG mit einer Extrasystole. Langzeit-EKG mit folgendem Bericht:

<ul>
<li>Normalschl&auml;ge 106326</li>
<li>VES 595 (0,5%)</li>
<li>SVES 1 (0,0%)</li>
</ul>

&quot;GR SR, Vormittags Tachykardieneigung, Ventrikul&auml;re Extrasystolie, Polymorphe VES. Zwischen 6 und 7 Uhr mehrere Minuten Bigeminus. Die durchschnittliche Herzfrequenz betrug 86 BPM. Die maximale Herzfrequenz betrug 134 BPM am 14.01. um 18:23 Uhr. Es wurden keine Pausen entdeckt. Es wurden 135 Tachykardien von insg. 4896,9 s Gesamtdauer entdeckt. (L&auml;ngste HF 113 BPM Dauer 283,8s Uhrzeit 23:05 (im Schlaf) , schnellste 120 BPM Dauer 71,1 s Uhrzeit 16:35. Es wurden keine Brachykardien entdeckt. Es wurden keine Couplets entdeckt. Es wurden keine Salven entdeckt. Es wurden keine ventrikul&auml;ren Tachykardien entdeckt. Es wurden keine supraventrikul&auml;ren Paare entdeckt. Es wurden keine supraventrikul&auml;ren Salven entdeckt. Es wurden keine supraventrikul&auml;ren Tachykardien entdeckt&quot;.

Ich bekam eine &Uuml;berweisung mit &quot;dringend&quot; zum Kardiologen. Die durchgef&uuml;hrte Ultraschalluntersuchung wurde mit &quot;keine Auff&auml;lligkeiten&quot; kommentiert. Daraus ergab sich &quot;kein Handlungsbedarf&quot;. (Der Bericht liegt mir nicht vor).

Was mich besch&auml;ftigt:

&Uuml;ber Polymorphe ventrikul&auml;re Extrasystolen finde ich im Internet:

&quot;hier liegt immer ein Herzmuskelschaden zugrunde&quot;. Die Ultraschalluntersuchung zeigt ordentlich arbeitende Herzmuskel und Ventrikel. Ist dies nun eine beruhigende Diagnose, oder h&auml;tte es im Fall einer polymorphen VES w&auml;hrend des Ultraschalls mehr Aussagekraft?

Die Extrasystolie ist sp&uuml;rbar, keine Frage. Bislang hatte ich keine k&ouml;rperlichen Beschwerden, sondern lediglich die begleitende Angst, was w&auml;re wenn....

Die Aussage, &quot;wenn Sie die VES st&ouml;ren, k&ouml;nnen wir einen Betablocker einsetzen&quot; kommt einer Ank&uuml;ndigung von Placebo-Medikamenten gleich...

W&uuml;rden Sie eine Therapie vorschlagen? Ist eine Herzgesundheit bei polymorpher VES &uuml;berhaupt m&ouml;glich?

Ich m&ouml;chte mich nochmals f&uuml;r Ihre Zeit und eine kurze Antwort bedanken.

Mit den besten W&uuml;nschen...

Prof. Dr. med. Thomas Klingenheben
08.02.2016, 01:34 Uhr

Sehr geehrter &quot;MH1976&quot;,

vielen Dank f&uuml;r Ihren Beitrag/ Frage:

1) Bei fehlenden Symptomen (au&szlig;er dem Herzstolpern selbst) stellen 600 ES im Langzeit-EKG keine Indikation zur &quot;dringlichen&quot; &Uuml;berweisung dar.

2) Selbst wenn die (meist automatische (!!)) EKG-Analyse von polymorphen VES spricht, ist bei jungen, sonst herzgesunden Menschen meist EINE Hauptmorphologie vorhanden. Daraufhin sollte man nochmal das LZ-EKG ansehen, au&szlig;erdem nachschauen, ob die VES vor allem in der Ruhe-Phase auftreten.

3) Extrem hilfreich kann hier ein Belastungs-EKG sein. Nimmt die H&auml;ufung von VES unter Belastung ab, oder verschwinden diese sogar komplett, so ist dies als ein absolut gutartiges Zeichen zu werten.

4) Lediglich bei H&auml;ufung von VES, oder Auftreten von sogenannten Couplets /Doppelschl&auml;gen oder Salven von VES w&auml;re aufgrund der Familienanamnese der Mutter zu erw&auml;gen, eine Bildgebung der Herzdurchblutung durchzuf&uuml;hren.

5) Die Aussage &uuml;ber polymorphe VES &quot;hier liegt immer ein Myokardschaden zugrunde&quot; ist Nonsens, wie er leider nicht selten im Internet steht.

6) Die Empfehlung, &szlig;-Blocker zu nehmen, gebe ich gelegentlich auch, aber nur bei hochsymptomatischen Patienten. Manchmal kann auch eine Substitution von Kalium und/oder Magnesium versucht werden. Gelegentlich sprechen Patienten darauf an.

Letztlich w&uuml;rde ich aber, wenn jetzt 2x kardiologisch eine zugrundeliegende Herzkrankheit ausgeschlossen wurde, doch eher zur therapeutischen Zur&uuml;ckhaltung neigen.

In der Hoffnung mit den Angaben gedient zu haben.
MfG T. Klingenheben

Haftungsausschluss: Der Inhalt dieses Forums spiegelt die Meinung der registrierten Teilnehmer wider. Die Initiatoren und Kooperationspartner der Initiative Herzbewusst übernehmen für diese Inhalte keine Haftung auf Unterlassung, Schadensersatz etc. und erklären ausdrücklich, dass diese Informationen nicht die Auffassung der Initiatoren und Kooperationspartner der Initiative Herzbewusst wiedergeben.