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Unklarer EKG Befund

Autor
Datum
Heik04
05.11.2015, 14:32 Uhr

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich schildere mein Anliegen mal von Anfang an. Alles hat vor ca. 14 Tagen mit unspezifischen Brustschmerzen angefangen. Da ich seit Geburt mit diversen Rücken- und Haltungsproblemen zu kämpfen habe, fand ich das erst einmal nicht ungewöhnlich.

Dann vor 11 Tagen, habe ich auf einer Dienstreise die sehr anstrengend war (seit 4Uhr auf den Beinen kaum was getrunken etc.), eine Reihe von Symptomen verspürt: Bitzeln im linken Arm, meine Zunge wurde taub, Brustschmerzen, die über den Kiefer bis in den Kopf gezogen sind. Das ganze kam so schnell wie es wieder verschwunden war (unter 5 min), den Rest des Abends ging es mir eigentlich ganz gut.

Nun, da es mir danach wieder gut ging habe ich das scheinbar halbwegs erfolgreich verdrängt. Ich hatte nie an einen Herzinfarkt gedacht.

Als ich mit meiner Mutter in der darauf folgenden Woche gesprochen hatte ermahnte Sie mich das überprüfen zu lassen, was ich dann auch tat.

Ich war beim Hausarzt der mich (29 Jahre, Raucher, sportlich) nicht für voll genommen hat und mich abgespeist hat. Da ich aber mittlerweile einiges zum Thema gelesen habe, bin ich dann am vergangenen Freitag nochmal zu ihm hingegangen und überredete Ihn, ein Blutbild und ein EKG machen zu lassen.

Heute früh war ich erneut bei meinem Hausarzt und wir haben das EKG und das Blutbild besprochen, er meinte beides wäre ohne Befund und ich solle mir keine Sorgen machen (EKG, CK-MB und auch alle anderen Werte waren ok).

Da ich heute frei habe dachte ich, ich räume jegliche Zweifel aus und gehe zu einem Kardiologen und lasse gleich Ultraschall und Belastungs-EKG machen. Der Kardiologe meiner Wahl hatte aber geschlossen und ich ging zu seiner Vertretung (ein Gastrologe).

Dort angekommen wurde ich aufgrund der Symptome erneut an ein EKG angeschlossen und mir wurde Blut abgenommen.

Scheinbar erkannte er etwas auf dem EKG weshalb er in seiner Praxis auch einen Troponin-Test anordnete. Anschließend besprachen wir das EKG und (sorry aber ich bin immer noch etwas durch den Wind und erinnere mich nicht mehr an die Fachbegriffe) er sagte wortwörtlich ich hätte wohl einen Herzinfarkt (in der Scheidewand) gehabt und ich müsste heute noch in die Herzklinik. Das Troponin sei aber unter der Nachweisgrenze.

Mit der Überweisung (auf dem Stand - Verdacht auf ACS? Vorhofüberl. links) eilte ich panisch in die Notaufnahme. Dort angekommen wurde ich erneut an ein EKG angeschlossen und es wurde wieder Blut abgenommen.

Der zuständige Arzt und Kollege kam auch gleich und sagte, er wisse nicht, was der Hausarzt gesehen habe, das EKG sieht normal aus, aber wir warten noch auf den Bluttest der (falls ein Infarkt vorlag) auch nach 10 Tagen noch anschlagen müsste. Binnen 45 Minuten waren die Laborergebnisse da, wieder ohne Befund (Blutbild und Herzwerte).

Ich wurde mit dem Kommentar, dass ich mir keine Sorgen machen soll, entlassen und solle bei Bedarf nochmals zu gegebener Zeit einen "Guten Kardiologen" aufsuchen um die Restzweifel zu beseitigen.

Die Frage, wie so etwas sein kann, konnte er auch nicht wirklich beantworten.

Lange Rede kurzer Sinn, ich werde definitiv noch einen richtigen Kardiologen aufsuchen, aber muss ich mir jetzt akut Sorgen machen? Mich nimmt die Sache ziemlich mit, zumal ich das alles nicht richtig einschätzen kann.

Kommen falsch positive EKG Befunde vor? Wie diagnostiziert man einen Infarkt, welcher in der Vergangenheit stattfand, "richtig"?

Mittlerweile war ich schon auf eigene Rechnung in einer Privatklinik und habe ein Stress-Kardio-MRT machen lassen, welche ohne Befund war.

Besten Dank,
Heik04

Dr. med. Heribert Brück
06.11.2015, 08:11 Uhr

Sehr geehrter Herr Heik04,

die wichtigste Antwort vorweg: nach allem was Sie geschrieben haben brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.

Die Diagnose eines Herzinfarktes besteht aus mehreren Bausteinen: den Beschwerden, dem EKG und den Laborwerten; im weiteren Verlauf können dann noch andere Untersuchungsmethoden dazukommen, insbesondere die Ultraschalluntersuchung des Herzens, evtl. auch eine MRT-Untersuchung; wenn die Diagnose feststeht oder hoch wahrscheinlich ist, gehört in der Akutphase auch die Herzkatheteruntersuchung dazu. Die von Ihnen geschilderten Beschwerden sind nicht ganz typisch, können aber durchaus auf einen Infarkt hindeuten, die Laborwerte waren jedoch immer unauffällig.

Nun zum EKG: hier gibt es tatsächlich durchaus falsch positive Befunde (wie wohl in Ihrem Fall), es gibt aber auch Infarkte ohne EKG-Veränderungen. Gerade in dem von Ihnen geschilderten Bereich (Kammerscheidewand bzw. Septum) zeigt das EKG häufig Veränderungen, die auf einen alten Infarkt hindeuten könnten. Dies wird gerade von automatischen EKG-Auswertesystemen häufig so interpretiert, weil man hier eher in Kauf nimmt, einen Verdacht zu benennen, den man dann mit anderen Methoden wieder entkräften kann (Ultraschall) als einen Infarkt zu übersehen. Aber wie oben schon gesagt, beruht die Diagnose eines Infarktes immer auf mehreren Befunden, das EKG ist nur selten der entscheidende Befund.

Da bei Ihnen jedoch schon eine Stress-Kardio-MRT-Untersuchung unauffällig war, ist ein Infarkt auszuschließen und ergeben sich derzeit auch keine Hinweise auf eine Herzkranzgefäßerkrankung mit Verengungen.

Damit dies so bleibt, sollten Sie jedoch unbedingt mit dem Rauchen aufhören.

Herzliche Grüße
Dr. Heribert Brück

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