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Wirklich Bluthochdruck oder etwas anderes?

Autor
Datum
scgri
25.07.2021, 21:12 Uhr

Liebes Team,
Mitte Juni war ich in der Notaufnahme, weil ich nachts mit Glossgefühl, Druck auf der Brust und dem Gefühl der Luftnot aufgewacht bin. Am Tag zuvor hatte ich das auch schon, aber am nächsten Tag war es besonders schlimm. Festgestellt wurde erst mal: Hypertensive Entgleisung bei nicht bekanntem arteriellem Hypteronus mit Glossgefühl und Luftnot, kein Hinweis auf akutes Koronarsyndrom, keine Hinweise auf Lungenembolie, Lunge bds. Belüftet, vesikulär, keine RGs, keine Spastik, Herz rein rhythmisch, keine Ödeme, nach 1 Hub Nitro nur diskrete Verbesserung, Blutdruck beim Ankommen 174/105, nach einer Stunde liegen 164/94. Die Notärztin hatte mit der Kardiologie telefoniert. Da es keine ernsten Anzeichen gab, konnte ich ohne weitere Untersuchungen wieder heim und musste nicht auf die Kardiologie-Station. Verschrieben wurde mir von der Notärztin Amlodipin 5mg (vielleicht weil die Ärztin dachte ich hätte dauerhaft so einen hohen Blutdruck?) und ich sollte mich beim Hausarzt vorstellen.
Der Hausarzt hat leider gar nicht viel gemacht – kein Gespräch oder wirklich tiefere Untersuchungen. Er hat die Nieren mit Ultraschall untersucht, die waren in Ordnung und er hat Blut abgenommen für eine Schilddrüsenuntersuchung. Das war auch unauffällig. Diese Woche soll ich noch einmal kommen und bekomme ein Blutdruckmessgerät für einen ganzen Tag angelegt. Der Hausarzt geht wohl von Bluthochdruck aus – ich bin mir da aber nicht so sicher.
Da ich vor dem Vorfall nie Blutdruck gemessen habe, habe ichs danach regelmäßig getan. Auch weil mich die Nebenwirkungen der Amlodipin abgeschreckt haben und ich sie erst mal nicht nehmen wollte. Beim Messen waren die Werte nach gängigen Tabellen entweder normal oder hochnormal, also zwischen 117 zu 77 und 134 zu 90 war alles dabei, auch der Puls immer völlig im Normalbereich. Meiner Meinung nach eigentlich keine Gründe Blutdrucksenker zu nehmen.
Seit der Notaufnahme treten aber nun immer kürzere oder längere Phasen (die letzte seit 1 Woche) auf, wo es mir gar nicht gut geht. Ich spüre mein Herz rasen – laut Messung rast es aber nicht wirklich. Ich spüre es deutlich schlagen, manchmal so sehr, dass mir die Kehle fast davon weh tut. Ich spüre den Herzschlag im Kopf und auch manchmal in der Bauchschlagader. Es ist immer ein unterschwelliger Schwindel vorhanden, wo ich denke das ich gleich umkippe und das Laufen fühlt sich an wie auf Eiern. Ich fühle mich generell nicht kraftlos und erschöpft, aber ich merke, dass es mich ermüdet die Arme zu heben, die Beine zu bewegen oder manchmal auch zu sprechen. Damit einher geht eine leichte Übelkeit. Ich fühle mich sehr unwohl und bekomme den Tag kaum gemeistert. Der Blutdruck befindet sich in so einer Phase in den hohen 120ern bzw. niedrigen 130ern. Vor 2 Wochen hatte ich die Phasen über den Tag verteilt, danach war eine Woche komplett Ruhe (ich habe nichts gemerkt, alles war normal) und danach geht es bis heute über den ganzen Tag. Strenge ich mich in so einer Phase an, ist es schon vorgekommen das ich dachte mein Herz platzt unter der Anstrengung. Ist die Phase nicht da, bin ich mobil und agil wie immer und kann ohne Probleme Anstrengungen meistern. An einem „Phasen“-Tag geht es mir mittags und nachmittags meist besonders schlecht, abends wird es meist besser. Es kann sogar sein das abends gar keine Symptome mehr auftauchen. Schlafprobleme habe ich daher nicht. Seit 2 Tagen habe ich auch manchmal ein leichtes Druckgefühl und Stiche ums Herz. Entweder links oder rechts oder drüber. Einen Vorboten (?) dieses Zustandes hatte ich vielleicht schon im letzten Jahr. Da hatte ich eine ganze Woche auch das Symptom meinen Herzschlag stark im Rachen zu spüren – so stark, dass ich kaum schlucken konnte. Das war aber dann wieder vorbei. Danach nur in größeren unregelmäßigen Abständen ein Gefühl wie „aufgeregt sein“ (ohne es zu sein), manchmal nur ein paar Stunden, manchmal bis 2 Tage.
Um die Symptome zu lindern und mir etwas Erleichterung zu verschaffen habe ich nun doch die Amlodipin genommen. Allerdings jeden Tag erst mal nur eine halbe Tablette. Ich nehme sie nun seit 4 Tagen. Die Symptome sind immer noch da, aber etwas weicher und an den Knöcheln habe ich schon Wassereinlagerungen.
Ich habe allerdings immer noch die Befürchtung das nicht Bluthochdruck das Problem ist – so hoch (bis auf in der Notaufnahme) sind meine Werte nicht. Ich spüre richtig wie etwas in mir „arbeitet“. Haben Sie eine Idee und können mir helfen? Ich bin sehr verzweifelt und denke nun ständig, dass ich gleich einen Infarkt bekomme.
Noch ein paar Daten zu mir: 37 Jahre, weiblich, keine Kinder, Nichtraucher, trinke nur selten Alkohol, vorwiegend vegane und vegetarische Ernährung, 168 cm, 86kg, keine Herzkrankheiten in der Familie bekannt, keine Corona-Infektion bekannt, 2x mit Biontech gegen Corona geimpft (im April), Allergie: Hausstaubmilben (davon leichtes Asthma, das nicht beeinträchtigt)

Danke und viele Grüße

Dr. med. Karl-Friedrich Schmitz
27.07.2021, 17:01 Uhr

Sehr geehrte Nutzerin dieses Forums,
zunächst vielen Dank für Ihre Frage. Ihren am Ende der Ausführung gemachten Angabe entnehme ich, dass sie eigentlich kein erhöhtes Risiko haben, einen Infarkt zu erleiden. Die geschilderten Symptome würden schon zu wechselnd hohen Blutdruckwerten passen, insbesondere da bei Ihnen ja auch ein Übergewicht vorliegt. Ich würde Ihnen also raten, zunächst das Ergebnis der vom Hausarzt geplanten Langzeitblutruckmessung abzuwarten und gegebenenfalls ihn darum bitten, weitere Untersuchungen wie ein Ultraschall des Herzens oder ein Belastungs-EKG durchzuführen oder durchführen zu lassen. Erst danach kann man sinnvoll entscheiden, ob eine dauerhafte Therapie erhöhter Blutdruckwerte erforderlich ist oder ob zunächst Allgemeinmaßnahmen wie Gewichtsreduktion und regelmäßige Ausdauerbelastungen ausreichend sind.
In der Hoffnung, Ihnen mit diesen Angaben gedient zu haben
mit freundlichem Gruß
Karl Friedrich Schmitz

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