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zwanghaftes Blutdruckmessen mit Panikattacken, wenn Werte erhöht sind
Guten Tag, mein Mann erlitt am 10.02.2022 einen Hinterwandinfarkt. Nach dem Krankenhausaufenthalt war er noch 2 Wochen zu Hause und in meinen Augen "normal", was sein Verhalten anging. Dann folgten 3 Wochen REHA, nach der er vor 2 Wochen zurückkam, und seitdem ein anderer Mensch ist. Er hat dort schon jeden Tag geweint und ihm ging es immer schlechter. Die letzten 3 Nächte in der REHA hat er immer nach der Schwester geklingelt und nach einem EKG verlangt. Werte alle in Ordnung. Nun zu Hause misst er ständig seinen Blutdruck und Sauerstoff (am Finger). Sind die Werte nicht so, wie sie seiner Meinung nach sein müssten, kommen Panikattacken. Ihm ist ständig übel mit Brechreiz, sagt, dass ein linker Arm taub ist. Ich muss dazu sagen, er hat eine chronische Gastritis, Magen-, Rücken- und Muskelprobleme und sagt, er könne die Schmerzen nicht mehr unterscheiden, ob dies nicht wieder ein Herzinfarkt ist. Vor dem Infarkt hat er gegen seine Beschwerden viele Ibuprofen geschluckt, was er jetzt nicht mehr soll. Ich habe schon mehrere Mal den Notarzt gerufen, weil die Symptome einem Herzinfarkt gleichen. Ich kann langsam nicht mehr unterscheiden, wann es lebensbedrohlich ist und wann nicht. Was soll ich tun? Ich bin am verzweifeln und bekomme selbst langsam Panik.
Guten Abend Frau Koenig,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Erklärung für das Verhalten Ihres Mannes ist vermutlich einfach, aber das Management kann ziemlich schwierig sein.
Es scheint sich um Panikattacken im Rahmen einer Herzangst-Symptomatik zu handeln. Offensichtlich gibt es keinen organischen Befund für die Beschwerden. Wahrscheinlich hat Ihr Mann erst mit Verzögerung die Bedeutung erkannt, die der durchgemachte Herzinfarkt für ihn und seine Zukunft hat bzw. haben kann.
Die damit verbundenen Ängste lokalisiert er offensichtlich in den Herzbereich (er "somatisiert").
Möglicherweise können Sie selber ihm schon weiterhelfen, indem Sie lange, ruhige und verständnisvolle Gespräche mit ihm führen über das Thema, wie er den Infarkt erlebt hat und welche Ängste ihn jetzt bedrücken.
Vielleicht ist auch der Hausarzt eine Hilfe.
Ansonsten kann es sein, dass Ihrem Mann am besten mit einer entsprechenden Psychotherapie gedient ist, eventuell Psychotraumatologie.
Wegen der Beschwerden wäre es gut, wenn Sie und Ihr Mann sich die genaue Symptomatik von Angina pectoris und einem Herzinfarkt erklären lassen, damit Sie besser unterscheiden können, um was es sich in der jeweiligen Situation handelt.
Im Zweifelsfall werden Sie aber immer den Notarzt rufen müssen, bis sich die Herzangstsymptomatik beruhigt hat.
Ich hoffe, Ihnen hiermit weitergeholfen zu haben,
und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Zündorf, Hannover