Sport nach dem Herzinfarkt

Körperliche Aktivität und Sport: Gut für Herz, Stoffwechsel und Wohlbefinden. Zu zweit oder in der Gruppe macht Bewegung noch mehr Spaß.

Bewegung gehört zu den wirkungsvollsten Methoden, um etwas für die Gesundheit zu tun – gerade nach einem Herzinfarkt. Haben Sie vor Kurzem einen Infarkt überstanden, kann es manchmal schwierig sein, sich zur Bewegung zu motivieren. Sie sind vielleicht unsicher und wollen sich nicht zu viel zumuten. Lassen Sie sich in Ihren Bemühungen um einen aktiven Lebensstil unbedingt unterstützen, von Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner, Ihrer Familie, Ihren Ärzt:innen und in Sportgruppen.

In welchem Umfang Sie sich als Infarktpatient:in belasten dürfen, erfahren Sie teils in der Rehabilitationsklinik oder im ambulanten Rehazentrum. Wenn Sie mitmachen möchten, aber schon lange nicht mehr sportlich aktiv waren, sollten Sie zuvor sicherheitshalber auch mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt sprechen.

Für Patient:innen mit Herzerkrankungen sind Ausdauersportarten wie Wandern, Nordic Walking, Joggen, Radfahren, Ergometertraining, Skilanglauf oder Golf eine gute Wahl. Eine 30-minütige Trainingseinheit pro Tag wäre optimal, aber positive Effekte werden auch dann beobachtet, wenn Sie nicht täglich trainieren können oder wenn Sie ruhigere Bewegungsformen bevorzugen, z. B. Spazierengehen oder Gymnastik mit einem Stuhl. Machen Sie das, worauf Sie Lust haben und beginnen Sie langsam!

Eine blonde Frau und ein weißhaariger Mann in Wanderkleidung laufen Hand in Hand über eine Wiese im Sonnenuntergang.
2 ältere Frauen und 2 ältere Männer joggen einen mit Bäumen gesäumten Weg entlang.

Hier finden Sie einige Beispielübungen für Gymnastik im Sitzen

Fangen Sie nach einem Herzinfarkt langsam an, überlasten Sie sich nicht und machen Sie keine Übung, die sich nicht gut anfühlt.

 

1
2 Skizzen einer Person, die auf einem Stuhl sitzt.

Rollen Sie Ihre Schultern 10x im Uhrzeigersinn und anschließend 10x gegen den Uhrzeigersinn

2
4 Skizzen von einer Person, die ihre Arme vorne ausgestreckt, oben ausgestreckt, hinter den Kopf oder hinter den Rücken hat.

Strecken Sie ihre Arme vor sich aus und heben Sie sie bis auf Schulterhöhe an. Atmen Sie tief ein und strecken Sie währenddessen Ihre Arme lang über den Kopf. Atmen Sie aus und verschränken Sie dabei Ihre Arme hinter Ihrem Nacken. Verschränken Sie danach die Hände hinter Ihrem Rücken.

3
3 Skizzen eines Oberkörpers dessen Kopf nach links, geradeaus oder nach rechts zeigt.

Bleiben Sie gerade sitzen und schauen Sie langsam nach rechts über Ihre Schulter, schauen Sie wieder geradeaus und anschließend nach links und über Ihre linke Schulter. Wiederholen Sie diese Übung 10x.

4
2 Skizzen einer Person, deren Oberkörper einem entweder zu oder abgewandt ist.

Legen Sie Ihre Hände an die Hüfte und stellen Sie die Füße flach auf den Boden. Drehen Sie sich langsam mit der Taille und Schulter zur Seite und schauen Sie hinter sich. Drehen Sie sich nun zur anderen Seite. Wiederholen Sie diese Übung 10x.

5
2 Skizzen einer Person, die auf einem Stuhl sitzt und in 1 Skizze ein Bein nach vorne gesteckt hat.

Setzen Sie sich gerade auf den Stuhl. Strecken Sie ein Bein aus und heben Sie es langsam ausgestreckt an. Senken Sie das Bein wieder und entspannen Sie es. Wiederholen Sie nun die Übung mit dem anderen Bein.

So gelingt Ihnen der Einstieg in den Sport

Machen Sie mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner Spaziergänge in der Natur, nehmen Sie gemeinsam an einem Nordic Walking Kurs unter fachkundiger Anleitung teil oder planen Sie eine Fahrradtour am Wochenende. Denken Sie daran, auf Ihre sportlichen Touren immer ein funktionierendes Handy mitzunehmen – für alle Fälle. Fangen Sie mit kurzen Trainingseinheiten an und steigern Sie Dauer und Intensität Ihrer Aktivitäten ganz allmählich. Sind Sie herzkrank und möchten trainieren, dann sollten Sie die mit der Ärztin oder dem Arzt besprochenen Pulsgrenzen unbedingt einhalten. Hier leistet eine Pulsuhr gute Dienste. Kontakt zu ärztlich begleiteten Herzsportgruppen der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation finden Sie hier: www.dgpr.de/herzgruppen.html

Sport nach dem Herzinfarkt – Experteninterview

Nach einem Herzinfarkt beschäftigen Sie viele Fragen: Muss sich mein ganzes Leben ändern? Wie ernähre ich mich richtig? Darf ich gleich wieder Sport treiben? Antworten gibt der Kardiologe Herr Dr. med. Franz Goss, stellvertretender Bundesvorsitzender des Bundesverbands niedergelassener Kardiologen (BNK).

 

Dr. Goss: Früher hat man gedacht, nach einem Herzinfarkt müsste man zwei bis drei Wochen Pause machen. Heutzutage werden die Patient:innen bei einem Infarkt in der Regel invasiv mit einem Herzkatheter behandelt. Dies führt dazu, dass viele schon relativ schnell wieder stabil und beschwerdefrei sind und auch schon früh mit einem Bewegungsprogramm beginnen können. Das geht bis hin zu Empfehlungen, bereits eine Woche nach dem Infarkt wieder zu beginnen – wobei das nicht für alle Patient:innen gilt. Allgemein ist es wichtig, langsam anzufangen und nicht gleich wieder in die Vollen zu steigen. Dazu gibt es auch eine Studie, die gezeigt hat, dass man optimaler Weise eine Woche nach dem Infarkt schon wieder mit dem körperlichen Training beginnen soll, um eine möglichst schnelle Wiederherstellung der Herzfunktion zu erreichen.

Dr. Goss: Entscheidend ist, dass die Patient:innen nach einem Herzinfarkt beschwerdefrei und in einem stabilen Zustand sind. Die Empfehlung, schon eine Woche nach einem Herzinfarkt wieder Sport zu treiben, gilt nur für Patient:innen nach einem unkomplizierten Herzinfarkt, der relativ rasch behandelt wurde und wenn die Funktion des Herzmuskels erhalten ist. Wenn durch den Infarkt eine Funktionseinschränkung des Herzens vorliegt, weil die Patientin oder der Patient zum Beispiel sehr spät behandelt wurde oder der Infarkt zu ausgeprägt war, sieht es natürlich anders aus und die Patientin oder der Patient muss zunächst stabilisiert werden, bevor sie oder er mit dem körperlichen Training beginnen kann. In den meisten Fällen sind Komplikationen darauf zurückzuführen, dass viele Menschen bei einem Herzinfarkt zögern und die Symptome sowie den Ernst der Lage nicht erkennen und auch nicht dementsprechend handeln, indem sie die Notärztin oder den Notarzt rufen. Bei Patient:innen, die nach einem Herzinfarkt schnell behandelt werden, treten seltener große Komplikationen auf als bei denen, die zögern und sich nicht sofort behandeln lassen.

Dr. Goss: Einschränkungen gibt es natürlich unmittelbar nach dem Herzinfarkt. Eine Woche nach dem Infarkt ist die unmittelbare Zeit zwar schon wieder vorbei, aber man sollte dennoch starke Blutdruckschwankungen, wie sie beispielsweise bei Kraftsportarten wie dem Gewichtheben auftreten, vermeiden und Ausdauersportarten wählen. Es ist wichtig, dass man langsam anfängt und nicht gleich wieder voll durchstartet, weil man denkt, der Herzinfarkt war nur ein einmaliges Ereignis und ist jetzt wieder vorbei. Selbst wenn man nur eine Woche nach dem Infarkt pausiert hat, braucht man doch wieder eine gewisse Zeit für den Trainingsaufbau. Patient:innen, die sich nach einem Herzinfarkt zurückziehen und Angst haben, einen weiteren Infarkt zu erleiden, wenn sie Sport treiben, kann man aber beruhigen. Vielmehr sollen sich die Patient:innen körperlich betätigen – man sollte nur langsam beginnen.

Dr. Goss: Für Patient:innen nach einem Herzinfarkt sind eigentlich alle Ausdauersportarten geeignet. Ich empfehle meinen Patient:innen immer das zu machen, worauf sie Lust haben und was sie nicht überfordert. Die oder der eine ist eher der Typ Fahrradfahrer:in, andere der Läufer:in- oder Walker:in- oder Schwimmer:in-Typ. Nur wer auch Spaß beim körperlichen Training hat, schafft es auch, dranzubleiben und regelmäßiges Training in seinen Alltag zu integrieren. Wenn ich meinen Patient:innen sagen würde, sie sollen dreimal die Woche eine Stunde Fahrrad fahren, aber es macht ihnen absolut keinen Spaß, dann ist es extrem schwer und sozusagen ein doppeltes Hindernis, auch bei der Stange zu bleiben. Bis auf das Schwimmen kann man eigentlich alle Ausdauersportarten, egal in welcher Art und Weise, uneingeschränkt empfehlen.

Beim Schwimmen muss man eine kleine Einschränkung machen, weil hier mehrere Faktoren zusammenkommen, die einige Patient:innen beachten sollten. Zum einen ist die körperliche Belastung etwas höher und wird sicherlich auch unterschätzt. Zum anderen kommt hinzu, dass der Wasserdruck auf den Körper einwirkt und dadurch das Herz mehr arbeiten muss. Außerdem ist das Wasser in der Regel deutlich kälter als der Körper, sodass der Körper zusätzlich Wärme produzieren muss. Die Gefäße verengen sich, um weniger Wärme abzugeben. Diese verengten Gefäße führen wiederum zu einer Mehrbelastung des Herzens. Daher sollte man nach einem Herzinfarkt absolut stabil und beschwerdefrei sein und lieber etwas länger warten, bevor man mit dem Schwimmen beginnt.

Dr. Goss: Die allgemeinen Empfehlungen sagen, dass man mindestens dreimal die Woche mindestens 30 Minuten trainieren soll. Wenn man es schafft, dreimal die Woche eine Stunde zu trainieren, ist das natürlich effektiver als jeweils nur eine halbe Stunde. Dreimal die Woche eine halbe Stunde ist eher das Minimum, das man trainieren sollte, um einen positiven Trainingseffekt zu erzielen.

Ein ganz entscheidender Faktor ist auch, dass man lernt, wieder auf seine Körpersignale zu achten. Wenn man beispielsweise nach 20 Minuten Ausdauertraining erschöpft ist, obwohl die Ärztin oder der Arzt eine halbe Stunde Training empfohlen hat, dann soll man auf jeden Fall eine Pause machen und das Training eventuell später fortsetzen. Es ist sehr wichtig, dass man hier wirklich auf seinen eigenen Körper hört und sich auf keinen Fall zu viel zumutet, zumal man auch nicht an jedem Tag in der Woche gleich in Form ist.

Das Allerwichtigste ist aber, dranzubleiben und wirklich regelmäßig Sport zu treiben, weil man nur dann die positiven Effekte spürt und sich auch nach einem anstrengenden Tag fit fühlt. Die Patient:innen absolvieren zwar während des Reha-Aufenthalts nach einem Herzinfarkt unter Anleitung ein regelmäßiges Trainingsprogramm, doch reicht die Dauer des Aufenthalts in der Regel nicht aus, um bereits einen dauerhaften Trainingseffekt zu spüren. Daher ist es wichtig, auch im Anschluss regelmäßig zu trainieren. Viele meiner Patient:innen, die regelmäßig Sport treiben, berichten mir, dass sie sich auch insgesamt körperlich viel leistungsfähiger fühlen als früher.

Dr. Goss: Nach einem Herzinfarkt ist es empfehlenswert das Sportprogramm im Rahmen eines Gruppentrainings zu starten, wie es in Herzsportgruppen oder Sportvereinen angeboten wird. Aber auch der Gang ins Fitnessstudio kann durchaus eine vernünftige Alternative sein. Viele Patient:innen erzählen mir, dass sie sich zu einer Herzsportgruppe oder auch zum Fitnessstudio angemeldet haben, weil sie dann eine gewisse Verpflichtung fühlen, regelmäßig zu trainieren und sich zudem auch mit anderen Leidensgenoss:innen austauschen können. Das Training mit Gleichgesinnten und unter Aufsicht steigert zum einen die Motivation und schützt zum anderen eher davor, sich selbst zu überlasten, als wenn man alleine zu Hause oder in der freien Natur trainiert. Dies ist insbesondere in der ersten Zeit hilfreich, bis man gelernt hat, seine Körpersignale wieder richtig wahrzunehmen.

Der Vorteil einer Herzsportgruppe ist darüber hinaus, dass auch immer eine Ärztin oder ein Arzt anwesend ist. Das nimmt vielen Patient:innen die Angst nach einem überstandenen Infarkt wieder mit dem Sport zu beginnen.

Relevante Fragen zum Thema aus dem Expert:innen-Forum

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