Herzinfarkt-Diagnostik: Experten-Interview

Im Interview: Dr. med. Susanne Berrisch-Rahmel, Kardiologin am Cardio Centrum Düsseldorf

Bei der Herzinfarkt-Diagnostik werden verschiedene Maßnahmen eingesetzt. Im Experten-Interview erläutert Dr. Susanne Berrisch-Rahmel vom Cardio-Centrum Düsseldorf, wie die Herzinfarkt-Diagnostik abläuft.

Herzinfarkt-Expertin: Dr. med. Susanne Berrisch-Rahmel, Kardiologin am Cardio Centrum Düsseldorf

Frau Dr. Berrisch-Rahmel: Es gibt Herzinfarkte, die erkennen wir sofort. Der Patient hat typische Beschwerden. Das Notarzt-Team erkennt diese sogenannten „STEMI“ – die ST-Elevations-Myokard-Infarkte – auf einem mobilen EKG, da dann die EKG-Kurven verändert sind. Wenn der Patient dazu eine Vorgeschichte hat – zum Beispiel, dass er schon einen Stent bekommen hat oder eine Bypass-Operation hatte, können wir die Diagnose sofort im Rettungswagen stellen und die entsprechende Therapie einleiten. Es gibt aber auch viele Fälle, in denen die Sache nicht so klar ist: Zum Beispiel, wenn nur atypische Beschwerden als Symptom da sind und das EKG völlig unauffällig ist. Dann ist es natürlich schwieriger, sofort die richtige Diagnose zu stellen.

In der Regel kommt der Patient in der Klinik in einen Intensiv-Aufnahme-Bereich. Ist die Diagnose bereits klar, sollte man so wenig Zeit wie möglich verlieren. Der Patient wird dann ins Herzkatheterlabor gebracht, damit rasch die Koronar-Diagnostik durchgeführt werden kann. Die Door-to-needle-Zeit sollte möglichst kurz sein. Damit wird die Zeit von der Ankunft im Krankenhaus bis zur Punktion im Herzkatheterlabor gemessen. Diese Zeiten versucht man bei den Patienten, bei denen die Diagnose klar ist, zu optimieren. Bei den Patienten, bei denen die Diagnose nicht eindeutig ist, wird ein Blut-Schnelltest, ein EKG und eine weiterführende Labordiagnostik durchgeführt. Im Überwachungsbereich erfolgen weitere Untersuchungen zur genauen Diagnosefindung. Beim NSTEMI, dem Nicht-ST-Elevations-Myokard-Infarkt, finden sich pathologische Herzenzyme im Blut bei unauffälligem EKG.

Ja, unbedingt. Neben aktuellen Blutgerinnungswerten benötigen wir Parameter zur Risikokonstellation des Patienten.

Bei der Herzkatheteruntersuchung stellen wir die Herzkranzgefäße dar und können sehen, ob diese Gefäße verschlossen oder hochgradig eingeengt sind. Wir stellen die Pumpfunktion der Herzkammer dar und sehen, ob eine Schädigung des Herzmuskels vorliegt. Es gibt eine Erkrankung, die zwar nicht sehr häufig ist, die aber das Bild eines akuten Herzinfarkts imitiert – die Stress-Kardiomyopathie oder Tako-Tsubo-Kardiomyopathie. Die Patienten sind häufig Frauen, die Erkrankung kann aber auch bei Männern vorkommen. Auslöser ist meist ein emotional sehr bewegendes Stresserlebnis. Die Herzbeschwerden und auch das EKG zeigen das Bild wie bei einem frischen Infarkt. Die Koronararterien sind jedoch völlig frei, der Herzmuskel ist hingegen verändert. Diese Pumpschwäche bildet sich jedoch erfreulicherweise in fast allen Fällen wieder komplett zurück. In dem Sinne ist die Koronarangiografie eine Ausschlussdiagnostik.

Der stumme Herzinfarkt wird oft erst später diagnostiziert, meist durch einen Zufallsbefund. Wir erleben sehr häufig bei Diabetikern, dass sie bereits einen Herzinfarkt ohne Symptome erlitten haben. Es gibt aber auch Nicht-Diabetiker, die einen Herzinfarkt nicht bemerken.

Stumm abgelaufene Infarkte können im Rahmen einer elektiven kardiologischen Untersuchung auffallen. Besonderes Augenmerk sollte daher auf Patienten mit ausgeprägtem kardiovaskulärem Risikoprofil wie Diabetiker, Raucher, Bluthochdruckkranke gelenkt werden. Auffällige Befunde werden im Rahmen der kardiologischen Stufendiagnostik bestehend aus Ruhe-EKG, Ultraschall und Belastungs-EKG abgeklärt. Der abgelaufene Herzinfarkt ist somit manchmal sogar ein Zufallsbefund.

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