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Extrasystolen und Betablocker

Autor
Datum
Jimmy321
30.09.2018, 22:23 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Klingenheben,
ich habe Ihnen ja vor paar Monaten geschrieben da ich recht lange auf meinen Termin beim Kardiologen warten musste wegen meinen Extrasystolen.
Zur Erinnerung:
- m, 26, normales Gewicht u. sportlich aktiv
- Echo zeigte keine Auffälligkeiten
- Ruhe EKG ebenfalls normal
- LZ EKGs zeigen zw. 20 bis 60 VES (monomorph), 200 bis 1500 SVES.
- seit März spürbare ES, v.a. nach Belastung
Nun war ich vorletzte Woche bei einem Kardiologen/Elektrophysiologen und habe ein neues LZ EKG (24 Std.) getragen. Dabei kamen ca. 50 VES (die ich fast alle spüren konnte) und ca. 1500 SVES raus (wobei die Zahl wohl durch meine respiratorische Arrythmie fälschlicherweise zu hoch sein soll).
Da mein Leidensdruck so hoch ist und die ES mein Leben mittlerweile stark einschränken, da ich mein Vertrauen in mein Herz verloren habe (Auf Anraten meines HA habe ich bereits einen Termin bei einem Therapeuten vereinbart), wurde die Behandlung mit Betablocker und eine mögliche Ablation besprochen. Letzteres wäre aber nicht 100% risikolos und müsste abgewogen werden. Auch seien 60 VES recht wenig um diese während der EPU auch zu sehen laut dem Arzt. Ich selber will diesen Schritt auch nicht machen.
Dh nehme ich jetzt täglich 1.25 mg Bisohexal am Morgen und soll am Ende des Jahres nochmals kommen um das künftige Vorgehen zu besprechen.
Tatsächlich haben die ES, die ich im Laufe des Tages normalerweise hatte um 70-100% abgenommen.
Zu meinen Fragen:
1. Wenn der BB wohl so gut anschlägt, frage ich mich nach der Ursache der ES (gröbere Fehler im Herzen liegen wohl nicht vor):
Habe ich zu viel Stresshormone im Körper? Oder reagiert mein Herz zu sensibel? Und wenn ja wieso? Mag eine dumme Frage sein, aber bin ich in diesem Falle z.B. in der Lage einen Adrenalinschub zu "verkraften" (z.B. Achterbahn, gefährliche Situation etc.) wie ein Gesunder auch? Hier muss ich immer an die Redensart "zu Tode erschreckt" denken.
2. Sexuelle Aufregung löst hin und wieder sehr beängstigende Symptome aus (auch trotz BB, v.a. je höher die Aufregung). Einmal kam es zu einem Rhythmus, bei dem eine ES immer auf eine normalen Schlag folgte für 2-3 s.
Da dieses Empfinden so selten auftritt, wurde das auch nie auf einem EKG aufgezeichnet. Sollte ich hier meine Ärzte auf einen Event Recorder hin ansprechen?
3. Die ES nach dem Sport lassen sich so gut wie komplett vermeiden wenn die Belastung sehr langsam verringert wird. Ist auch hier Adrenalin schuld?
4. Halten Sie eine Ablation für gerechtfertigt? Und welche Langzeitfolgen kann man bei den BB erwarten? Ich bin jetzt auch trotz des einigermaßen guten Erfolges nicht davon überzeugt, die BB für den Rest meines Lebens zu nehmen.
Danke für Ihre Antwort und v.a. die Zeit die Sie sich nehmen, um meinen zu (wohl wieder zu langen) Post zu beantworten :)!

 

Prof. Dr. med. Thomas Klingenheben
01.10.2018, 10:54 Uhr

ad 1) würde zu dem Bisoprolol auch ein Kalium-Magnesium-Präparat einnehmen, das müssen Sie zwar selbst bezahlen - hilft aber symptomatisch oft sehr gut bei VES.
Eine Stressinduktion von ES ist sehr häufig, z.B. zu wenig Schlaf, Stress privat u./o. am Arbeitsplatz. Wenn also der niedrig-dosierte ß-blocker hilft- umso besser.

ad 2) bei der wirklich HARMLOSEN Ausprägung Ihrer Rhythmusstörung ist ein Eventrekorder nicht gerechtfertigt

ad 3) paradoxerweise ist eine hohe Herzfrequenz schützend, deshalb kriegen sie die ES nicht während sondern nach dem Sport, das ist auch ein Zeichen für die absolute Harmlosigkeit der Rhythmusstörung.

ad 4) Ablationen würde ich bei der geringen Ausprägung niemals auch nur einem Pat empfehlen, bei der Harmlosigkeit halte ich einen Inavsiveingriff für absolut ungerechtfertigt.

mfG
Klingenheben

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