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Frage zu Herzproblemen?

Autor
Datum
Axa
14.12.2015, 10:11 Uhr

Guten Tag!

Vor einem halben Jahr hatte ich plötzlich morgens nach einer Party ein Druckgefühl in der Brust, der Puls raste, mir war übel und ich hatte das Gefühl, tiefer einatmen zu müssen. Gedacht habe ich: “Hilfe, was ist denn jetzt los?“ Nach ein paar Minuten war das Druckgefühl weg und auch der Puls normalisierte sich bald wieder. Die Übelkeit und ein komisches Gefühl blieben. Da es am Wochenende war, bin ich nicht sofort zum Arzt gegangen und nach einigen Tagen hatte ich dieses Ereignis “vergessen“. Habe mir auch weiter nichts dabei gedacht, bis gestern unser Nachbar von den gleichen Symptomen sprach wie ich sie an diesem Tag hatte. Bei ihm wurde ein leichter Infarkt diagnostiziert. Jetzt mache ich mir natürlich schon Gedanken. Ich war nach diesem Ereignis bei meinem Hausarzt zum Check-up inklusive EKG und Langzeit-EKG. Bis auf erhöhte Cholesterinwerte war alles ok.

Zu meiner Vorgeschichte: ich bin 35 Jahre alt, weiblich, seit jeher übergewichtig, habe geraucht bis 2006, dann 2013 wieder angefangen. Gerade bin ich dabei, wieder aufzuhören. Seit 2011 habe ich einen diagnostizierten Reflux und nehme Pantoprazol. Mittlerweile habe ich 12 kg abgenommen, weitere sollen folgen. Ich gehe zum Krafttraining ins Studio und täglich mindestens 45 Minuten mit dem Hund schnell spazieren. Ich habe zeitweise Extraschläge, die von einem Kardiologen als unbedenklich eingestuft wurden.

Jetzt ist meine Frage, ob dieses Ereignis ein leichter Infarkt gewesen sein könnte? Mir ist klar, dass Sie das so nicht beantworten können, vielmehr erhoffe ich mir Tipps, ob, und wenn ja, welche Untersuchungen durchgeführt werden sollten. Würde man im EKG bzw. Belastungs-EKG sehen, ob es ein Infarkt war? Also auch noch 6 Monate später? Wenn das Belastungs-EKG unauffällig ist, ist dann am Herzen auch wirklich alles ok?

Ich gebe zu, ich bin gerade etwas verunsichert, in unserer Familie sind viele Herzkrankheiten aufgetreten (Vater, Tante vom Vater, Cousin, Großcousin) und ich möchte gern meinen Lebensstil ändern, um noch lange für meine Tochter da zu sein.

Ich bedanke mich jetzt schon für Ihre Mühen!

Dr. med. Ingo Bläse
15.12.2015, 20:15 Uhr

Sehr geehrte Frau Axa,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die sicherlich auch viele andere Patienten interessiert, die aber nicht so einfach zu beantworten ist.

Laut Definition ist ein Herzinfarkt ein Missverhältnis von Sauerstoffangebot und -bedarf. Insbesondere bei Frauen ist die Diagnose über die Beschwerden sehr schwierig, da die klinische Symptomatik von "keine Beschwerden" über typische Symptome bis zu Beschwerden, die meist nicht mit dem Herzen in Zusammenhang gebracht werden, reicht. Möglich sind zum Beispiel Rückenschmerzen, Schmerzen im Oberbauch oder auch Schmerzen im Kiefer oder ganz simpel Zahnschmerzen.

Im Akutstadium kann zumeist ein Herzinfarkt oder besser ein, wie wir sagen, akutes Koronarsyndrom zumeist über einen Bluttest (Troponin) valide ausgeschlossen werden. Nach 6 Monaten besteht selbstverständlich diese Möglichkeit nicht mehr. Ein großer Herzinfarkt zeigt sich zumeist im Herzultraschall und es ist auch hilfreich, das EKG mit einem EKG zu vergleichen, das vor den Beschwerden abgeleitet wurde. Eine Unsicherheit bleibt hier jedoch immer. Kleinere Narben lassen sich meistens im Kardio-MRT in den sogenannten late enhancement-Sequenzen identifizieren. Ob eine relevante Verengung in den Herzkranzgefäßen besteht, lässt sich zumeist in den Belastungsuntersuchungen (Belastungs-EKG, Stressecho, Myokardszintigraphie, Stress-MRT) abklären. Alle diese Untersuchungen haben ihre speziellen Vor- und Nachteile, die Sie mit Ihrem Kardiologen besprechen sollten. Ihre gute Belastbarkeit spricht aktuell gegen ein größeres Problem, das jedoch wie oben beschrieben letztlich anamnestisch nicht auszuschließen ist.

Sie merken schon, dass Sie ein vielschichtiges Problem angesprochen haben, das Sie mit dem neuen Wissen in aller Offenheit mit Ihrem Kardiologen besprechen sollten.

Mit der Hoffnung Ihnen zumindest etwas geholfen zu haben verbleibe ich mit den besten Wünschen zu den bevorstehenden Feiertagen Ihr Dr. I. Bläse

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