Das Expert:innen-Forum

Thrombus im linken Herzohr vs. Kardioversion

Autor
Datum
Jojo66
25.11.2016, 07:46 Uhr

Seit Juli dieses Jahres leide ich unter persistenten Vorhofflimmern, das damals erstmalig auftrat. Am Freitag war ich mit Herzrasen zunächst bei meinem Hausarzt, der mich wg. des bevorstehenden Wochenendes in Krankenhaus einwies. Dort wurden dann zunächst Maßnahmen gegen das Herzrasen unternommen und mit einer Heparinbehandlung iv. begonnen. Eine Kardioversion war geplant und sollte am Montag nach einem TEE durchgeführt werden. Dabei wurde ein Thrombus im linken Herzohr festgestellt. Die Kardioversion wurde deshalb nicht durchgeführt und meine Blutverdünnung auf Marcumar umgestellt.

Inzwischen war ich vorgestern zum insgesamt 4. mal zu einem TEE zur Kontrolle. Die Ärzte warteten Ihren Angaben zu folge darauf, dass sich der Thrombus auflöst. Was aber offenbar nicht der Fall war.
Ich bin 50 Jahre alt und habe eine PBC, weshalb man zusätzliche Risiken, wie die Blutverdünnung vermeiden möchte. Deshalb wurde darüber nachgedacht, das Herzohr zu verschließen nachdem der Thrombus sich aufgelöst habe.
Ich habe auch die Aussage bekommen, dass eine Kardioversion nach einem halben Jahr kaum noch erfolgreich sei.
Hier im Forum las ich die Frage einer Frau, die trotz Thrombus kardiovertiert werden sollte. Und Ihre Experten meinten dazu, dass der Thrombus durch Marcumar nicht aufgelöst wird und sich verfestigt und danach dann eine Kardioversion durchgeführt werden könne und das auch der üblichen Vorgehensweise entspräche.

Dies steht natürlich im Gegensatz zu der Strategie
meiner Ärzte, die sie auch inzwischen aufgeben, sowohl was die Kardioversion, als auch des Verschlusses des Herzohrs angeht.

Dr. med. Peter Zündorf
27.11.2016, 20:02 Uhr

Hallo Jojo 66,

letztlich geht es um 3 Fragen:
1. ist das Vorhofflimmern dauerhaft zu beseitigen?
2. ist der Thrombus zu beseitigen und wenn nicht, wie gefährlich ist er?
3. ist eine dauerhafte Antikoagulation (Blutverdünnung) notwendig? Welche

Alternativen stehen ggf. zur Verfügung?
1. Die erste Frage ist aus Ihren Angaben nicht zu beantworten. Die Antwort richtet sich im wesentlichen nach dem Ausmaß der zu Grunde liegenden Herzkrankheit und kann immer nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gegeben werden.
Eine Kardioversion bedeutet in Ihrem Fall wegen des Thrombus jedenfalls ein erhöhtes Risiko und sollte höchstens dann erwogen werden, wenn eine gute Aussicht auf eine dauerhafte Rhythmisierung besteht.
2. Was die zweite Frage angeht: nach aller Erfahrung ist ein Thrombus nach einigen Monaten weitgehend organisiert oder, wie Sie schreiben, verfestigt.
Das bedeutet einerseits zwar, dass er kaum noch aufgelöst werden kann, andererseits aber auch, dass er kaum noch eine Gefahr darstellt. Jedenfalls sind alle Maßnahmen, die man ergreifen könnte, ihn zu beseitigen, gefährlicher, als ihn zu belassen.
3. Sollte das Vorhofflimmern nicht dauerhaft beseitigt werden können (siehe Antwort 1), muss bei Vorliegen eines wenn auch alten Thrombus eine dauerhafte Antikoagulation erwogen werden, insbesondere weil der alte Thrombus eine Neigung zur Thrombenbildung anzeigt, und diese Neigung kann ja vermutlich nicht beseitigt werden. Das gilt in abgeschwächter Form auch dann, wenn das Vorhofflimmern zunächst mittelfristig beseitigt werden kann.

Ein Verschluss des Vorhofohrs ist ohne vorherige Beseitigung des Thrombus nicht möglich.
Eine Antikoagulation kann bei Vorhofflimmern auch mit anderen Mitteln als Marcumar durchgeführt werden, Stichwort NOAK. Bitte beraten Sie sich dazu mit Ihren behandelnden Ärzten. Insbesondere muss dabei sicherlich auch die bestehende PBC in die Abwägungen einfließen.

Ich hoffe, Ihnen bei Ihren Überlegungen weitergeholfen zu haben. Letztlich müssen die Entscheidungen
zusammen mit Ihren behandelnden Ärzten gefällt werden.
Ich denke aber, dass - trotz des unerwartet langwierigen Verlaufs bisher - für die Zukunft eine gute Lösung gefunden werden kann, und wünsche Ihnen viel Glück dabei!

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Zündorf, Hannover

Haftungsausschluss: Der Inhalt dieses Forums spiegelt die Meinung der registrierten Teilnehmer wider. Die Initiatoren und Kooperationspartner der Initiative Herzbewusst übernehmen für diese Inhalte keine Haftung auf Unterlassung, Schadensersatz etc. und erklären ausdrücklich, dass diese Informationen nicht die Auffassung der Initiatoren und Kooperationspartner der Initiative Herzbewusst wiedergeben.