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Ursache Herzrhythmusstörungen

Autor
Datum
Herzlich
24.01.2017, 01:31 Uhr

Sehr geehrtes Expertenteam.

ich bin 33 Jahre alt, weiblich, normalgewichtig, Nichtraucherin.

Vor einem Jahr bin ich nachts, etwa eine halbe Stunde nach dem Einschlafen aufgewacht und habe mich plötzlich eigenartig unwohl gefühlt, mir wurde plötzlich sehr heiß, übel und ich begann zu schwitzen. Dann begann mein Herz wie wild zu Rassen, klopfte im Hals und Kopf und ich dachte wirklich ich sterbe. Ich hatte keine Atemnot, aber ich habe schnappend gesprochen, so als wäre ich stark außer Atem. Am Ende dieses Anfalls begann ich am ganzen Körper stark zu zittern, schon beinah krampfartig.

Wenige Tage später hatte ich die gleiche Situation, wieder nach dem einschlafen. Meine Hausärztin legte mir daraufhin ein 24-St EKG an und wir hatten Glück und konnten einen solchen Anfall aufzeichnen. Mein Puls steigt darauf auf bis 155 Schläge in der Nacht, allerdings nicht von jetzt auf gleich, sondern baut sich über etwa eine halbe Minute auf. Dies entspricht auch meinen Empfindungen, dass ich das kurz vorher spüre wie es sozusagen "hochfährt".

In der Folge wurde ich bei uns in die Uniklinik überwiesen. Dort wurde erneut ein Langzeit-EKG gemacht. Wieder wurde ein Anfall aufgezeichnet.

Wieder war der Puls bei bis zu 152 Schläge, im Sinusrhythmus. Man empfahl mir eine EPU. Ich wollte dies aber nicht vorschnell einfach so machen lassen.

In den Folgewochen zeigte sich nun auch durch eine Blutdruck-Langzeitmessung, dass bei diesen Anfällen der Blutdruck (ich habe normalerweise einen eher niedrigen Blutdruck, etwa 100/60 oder 110/70,) auch auf 190/120 hochschnellt. Oft drückt mir so ein Anfall auch auf den Bauch bzw. den Darm sodass ich danach Stuhlgang habe. Das Ende der Anfälle kündigt sich dann immer durch dieses starke krampfartige Zittern an und dann gehen Blutdruck und Puls auch schnell wieder runter auf 110/60 und Puls etwa 70. Auch der Pulsdruck normalisiert sich, bei den Anfällen schnellt dieser auch von etwa 40 auf 66.

Ich habe auch schon Betablocker erhalten, diese haben allerdings keinen Einfluss auf die Anfälle gehabt und mir ansonsten eher zu schaffen gemacht da mein Blutdruck ja so oder so schon niedrig ist.

Zu meiner Geschichte stellen sich mir aktuell vorrangig folgende Fragen, von denen ich mir erhoffe, dass Sie mir diese ggf. beantworten können. Eine wichtige Sache in diesem Zusammenhang ist die: Ich habe etwa ein Jahr vor meinem ersten Anfall eine schwere Infektion gehabt von der sich bis heute nicht geklärt hat was die genaue Ursache war. Ich war damals auch stationär in der Klinik. Ich hatte anfangs gedacht ich hätte eine sehr schwere Lebensmittelvergiftung, als ich nachts plötzlich sehr starkes Herzklopfen, Temperatur, Schüttelfrost, starke Übelkeit und Bauchschmerzen bekam. Nachts Riss es mich aus dem Schlaf mit schweren Bauchkrämpfen und ich bekam schwere Durchfälle. Die Symptome besserten sich nicht und ich konnte nicht einmal mehr Tee bei mir behalten, sondern spuckte diesen nach einiger Zeit wieder aus. Diese Erkrankung ging über viele Monate und ich kann sagen dass ich nie zuvor so krank gewesen bin. Ich hatte eine vergrößerte Milz, eine vergrößerte Leber, vergrößerte Lymphknoten im Bauchraum, eine Probe aus dem Dünndarm zeigte schwere Entzündungen mit Lymphozyten, eine Darmspiegelung war unauffällig. Hinzu kam nach einigen Wochen eine Art knotiger Hautausschlag. Ich verlor viel Gewicht und war sehr schwach (bettlägerig). Stuhlproben waren negativ und im Blut zeigten sich keine Erreger auf Borrelien. Ich erhielt irgendwann dennoch Antibiotikum - Doxycyclin über 21 Tage. Daraufhin ging es mir besser, die Durchfälle gingen und meine immer schwankende Temperatur (innehrlab weniger Stunden immer von 36,5 zu 38, wieder zu 36,5, wieder hoch zu 37,8...) verschwand. Nur zwei Tage nach Ende der Antibiose ging aber alles von vorne los. Die Temperatur stieg wieder, Schüttelfrost und Durchfälle kamen zurück. Ich erhielt erneut Doxycyclin und es wurde wieder besser. Nach dem Absetzen wieder die gleiche Geschichte. Ein drittes Mal ein Antibiotikum das nur im Dünndarm wirkt. Wieder wurden die Durchfälle besser, aber es dauerte danach viele Monate bis ich wieder halbwegs auf den Beinen war. Richtig erholt habe ich mich davon bis heute nicht. Ich habe noch immer oft Schmerzen im Oberbauch (an der gleichen Stelle wie damals), bin noch immer geschwächt, muss oft spucken - häufig im Zusammenhang mit diesen Herzanfällen, habe noch immer starken Eisen und Folsäuremangel trotz langer Tabeltteneinnahme.

Meine Fragen sind:

1) könnten die Herzanfälle auch eine postinfektiöse Ursache haben?

2) Welche möglichen Ursachen könnten hinter den beschriebenen Anfällen/Symptomen stehen, und

3) Sprechen die Symptome dass sich die Anfälle kurz vorher ankündigen und oft nachts nach dem Einschlafen sind für eine AV-Knoten/oder Sinusknotenstörung? Ich möchte ehrlich gesagt nicht vorschnell eine EPU machen lassen wenn ich vorher möglicherweise erst andere Dinge abklären sollte die ein geringeres Risiko haben. Auch wenn es heißt dass die EPU verhältnismäßig risikoarm ist, ist es eben dennoch etwas anderes als ein Muttermal zu entfernen :-)

Die Anfälle sind sehr belastend und beginnen mir Angst zu machen. Durch das häufig nächtliche Auftreten bin ich auch zunehmend erschöpft. Hinzu kommt die lange infektiöse Vorgeschichte die noch immer deutlich nachwirkt.

Ich promoviere und versuche meine Kräfte so gut als möglich darauf zu konzentrieren, aber ich merke wie sehr die Anfälle mich erschöpfen. Ich weiß dass das einiges an Information ist und Sie mir keine Ferndiagnose geben können, aber vielleicht haben Sie mir Ideen oder Ratschläge.

Ich bin für jeden Tipp sehr dankbar.

Viele Grüße
Anne

Dr. med. Jürgen Fritsch
30.01.2017, 12:56 Uhr

Liebe Anne,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Art der Anfälle spricht eigentlich gegen eine AV-Knotenstörung. Eine Störung der Sinusknotenfunktion (nach einer Infektion) wäre möglich, nach meinem Dafürhalten aber auch nicht wirklich typisch. Ich würde von daher zunächst eine weitere Abklärung anderer Ursachen empfehlen. Insbesondere sollte mal ein sogenanntes Phäochromozytom oder anderweitige hormonelle Veränderungen ausgeschlossen werden. Dies geht in der Regel über den Urin oder Blutentnahmen und ist damit natürlich wesentlichen weniger belastend als eine EPU. Ansonsten ist es tatsächlich schwer aus der Ferne eine Diagnose zu stellen. Spielt eine psychologische Komponente eine Rolle? Könnte es sich auch um eine Panikattacke handeln?

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jürgen Fritsch

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