Das Expert:innen-Forum
Orthostatische Dysbalance, V.a. POTS, Sinustachykardie
Sehr geehrtes Expertenteam,
seit Ende 2019 leide ich unter verschiedenen Symptomen: u.a stark verminderte Belastbarkeit, Kurzatmigkeit, Sinustachykardie, Schwindel und Benommenheit, Schlafstörungen.
Alles Symptome verstärkten sich nach der Corona Impfung Ende 2021 enorm, Extrasystolen, bedrohliche Kreislaufprobleme kamen hinzu.
Beim Kardiologen wurde ein unauffälliges Herzecho gemacht (EF65%), Blutwerte Herz komplett in der Norm, EKG unauffällig, das Belastungs EKG war von den Kurven her unauffällig, auffällig jedoch eine hohe Pulsfrequenz und ein nicht ansteigender niedriger Blutdruck. Wir mussten es relativ schnell abbrechen, da mich die Kraft verließ.
Aktuell besteht bei mir ein Verdacht auf ME/CFS mit Evtl. POTS. Damit wurde man allein gelassen.
Ich kann aktuell nicht lange gehen, Stehen ist noch schlimmer, ohne ein unaufhaltbares Druckgefühl mit Schwindel im Kopf zu bekommen und den Drang sich sofort zu setzen oder noch besser hinzulegen. Es ist ein Gefühl wie kurz vor der Ohnmacht, viel Wasser, Salz und Zucker lindern …. Grundsätzlich ist im Liegen alles okay. Alle anderen medizinischen Fachrichtungen wurden abgeklärt.
Was kann ich tun? Wo kann ich noch hin, damit mir geholfen wird.
Ich bin 40, schlank, keine Vorerkrankungen, Physiotherapeutin und Mama von 2 kleinen Kindern.
Herzliche Grüße
Tina
Sehr geehrte Tiru82,
danke für Ihre Anfrage, die mich allerdings leider erst heute erreichte.
POTS und ME/ CFS sind jetzt ja gerade im Zusammenhang mit der Covid 19 Erkrankung, sehr viel weniger auch mit der entspr. Impfung, relativ viel diskutiert worden. Ein schwieriges Feld.
Die unauffälligen Herzergebnisse bis auf die Sinustachykardie sind typisch und zeigen, dass es nicht im Wesentlichen um eine kardiologische Erkrankung geht.
Hatten Sie auch eine Covid Infektion?
Beim CFS (chron. Erschöpfungssyndrom) handelt es sich um ein bisher wenig verstandenes Syndrom z.B. nach Covid 19, EBV oder manchmal auch normaler Influenza, wahrscheinlich auch nach anderen Zuständen.
Es gibt bisher keinen allgemein gültiges medizinisches Verständnis dazu. Aus meiner Sicht ist ein übermäßig reaktives Immunsystem wahrscheinlich involviert, das durch erneute Belastungen wieder getriggert wird. Die Erschöpfungszustände träten auch typischerweise erst Stunden bis wenige Tage nach der Anstrengung auf.
POTS könnte etwas ähnliches mit starker Wirkung auf den Kreislauf darstellen.
Die übliche Formel möglichst viel zu trainieren hilft nicht, sondern ist eher kontraproduktiv. Tatsächlich wird in der Sprache der diesbezüglichen Experten ein sorgfältiges und geduldiges Pacing (Überanstrengungen vermeiden, "Energie-Korridor") zur Vermeidung von Rückschlägen ("Crashes") empfohlen, und dementsprechend einen langsamen Wiederaufbau der körperlichen Kondition.
Es gibt Hinweise darauf, dass bei POTS eine Kombination von milde dosiertem kardioselektiven Betablocker (z.B. Bisoprolol) und Ivabradin effektiv sein kann.
Ich bin in der Unvollständigkeit meiner Antwort bewusst, hoffe Ihnen aber trotzdem etwas weitergeholfen zu haben - und wünsche Ihnen vor allem baldige und gute Besserung!!
Dr. Peter Zündorf, Hannover